Straßenhunde – Hilfesuchende oder Helden?

Das Internet ist voll von ihnen. Anzeigen, in denen arme Straßenhunde in Tötungseinrichtungen vorgestellt werden. Arme Seelen, die gerettet werden müssen. Die sich nach einem warmen Körbchen und nach ganz viel Liebe sehnen. Bei Spendenaufrufen für „verlorene Hundeseelen“ oder der Suche nach einer Pflegestelle weil „die armen vergessenen Fellnasen eine Chance auf Liebe verdient haben“ regt sich bei mir immer öfter nicht nur Mitgefühl. Es sträuben sich mir auch die Nackenhaare. Eine Frage, die ich mir dann stelle ist:

Wer ist hier eigentlich verloren? Und wer muß gerettet werden?

Es ist nur so ein Gedanke; auf der Straße haben sie ein autonomes Leben geführt. Sie haben sich Territorien erkämpft und verteidigt. Sie haben sich zusammengeschlossen und jeden Abend einen Schlafplatz gefunden. Sie haben ihre Welpen zwischen Mülltonnen großgezogen und gemeinsam überlebt. Straßenhunde kennen viel vom Leben. Wenn wir jetzt mit ihnen Mitleid haben, was sagt das über uns selbst? Wer bestimmt, was ein gutes Leben ist? Und was braucht es überhaupt -aus Hundesicht- um ein gutes Leben zu haben?
Für diejenigen, die in der Tötung landen, sieht es düster aus. Sie müssen da raus, denn kein Lebewesen verdient den Tod. Doch wie geht es dann weiter? Wir bezeichnen uns nur allzu gerne als Tierschützer und Lebensretter. Wir umsorgen die Hunde, päppeln sie auf und überschütten sie mit Mitleid und Liebe. Wir weinen in Fernsehkameras beim Anblick von soviel Leid und Elend und nicht selten weinen wir auch ins Fell der Hunde auf unserem Arm. Was kommt so beim Hund an? Aus seinem Umfeld gerissen, spürt er nun um sich herum die Not der Menschen, die offensichtlich seine Hilfe brauchen. Nun muß er sich nicht nur um sich selbst kümmern wie auf der Straße, sondern auch noch die Menschen mit Energie versorgen, die diese -aus seiner Sicht- so dringend benötigen. Eine schwere Bürde für jedes Tier, doch besonders für die Überlebenskämpfer, die keine Energiereserven haben und gelernt haben mit ihren Kräften sorgsam umzugehen. Ist dieses Leben dann besser? Und wer entscheidet, was ein glückliches Leben ist? Könnte es sein, dass sich die Probleme nur verschieben? Oder anders:

Kommen gerettete Tierschutzhunde vom Regen in die Traufe?

Wie wäre es, wenn wir Mitgefühl für sie entwickeln statt in Mitleid zu versinken. Hunde grübeln nicht und sie hadern nicht. Sie nehmen das Leben wie es kommt.
Verneigen wir uns lieber vor ihrer Leistung, statt sie klein zu halten und zu umsorgen wie kleine Kinder. Hunde sind erwachsene Wesen.
Respektieren wir lieber ihre Autonomie statt sie zu dressieren.
Fangen wir lieber heute als morgen an, von ihnen zu lernen.
Ein warmes Körbchen reicht nicht, damit es ihnen bei uns wirklich besser geht als auf der Straße.
Führen wir sie, damit sie Verantwortung abgeben können. Denn das haben sie auf der Straße am allermeisten vermisst.

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